
- Februar 19, 2020Februar 19, 2020
Es scheint fast, als sei alle Welt heute damit beschäftigt, Bäume zu pflanzen; unter anderem zahlreiche forstbranchenfremde Unternehmen versuchen augenscheinlich mit derartigen Aktionen und Investitionen eine grüne Aura zu erlangen. Doch wie kann der Unterschied beschrieben werden zwischen Bäumen/Wäldern, die einen guten Beitrag leisten für die Zukunft unseres Planeten, und solchen, die die Klimakrise tatsächlich sogar verstärken? Die Leute von »Ecosia« – der Internet-Suchmaschine, die Bäume pflanzt – haben kürzlich ein elfminütiges Video veröffentlicht, das in dieser Problematik Klartext spricht. Ich habe im Folgenden die ersten fünf Minuten des sehenswerten englischsprachigen Films übersetzt. Leider scheint sich die Mini-Doku in ihrer Kritik auf tropische Monokulturen zu beschränken. Dass das hier Gesagte jedoch auch etwa auf deutsche Kiefern-Monokulturen passt, kann jeder Mensch nachvollziehen, der sich die Mühe macht, bei einem Spaziergang die riesigen Unterschiede zu einem gewachsenen Mischwald mit eigenen Sinnen zu erfahren.
»Zu den größten Lügen unserer Zeit gehört, dass Bäume pflanzen kinderleicht sei. Tatsächlich aber kann vieles schief gehen: Wenn man beispielsweise Monokulturen pflanzt anstatt Mischwälder, schafft man damit aus ökologischer Sicht »tote Zonen«. Pflanzt man nicht-einheimische Baumarten, können diese einheimische Bäume verdrängen und so langfristig die Artenvielfalt zerstören. Und hinzu kommt, dass wenn man nicht mit den Dorfgemeinschaften vor Ort zusammenarbeitet, die Setzlinge wahrscheinlich eingehen werden.
Nicht alle Aufforstungsprojekte sind gleich gut. Wenn man weiß, worauf es ankommt, ist es jedoch nicht allzu schwer, die Unterschiede zwischen enkeltauglichen und zerstörerisch wirkenden Pflanzungen zu erkennen.
Palmölplantagen sind zum Beispiel keine Wälder, sondern Monokulturen – industriell gepflanzte Plantagen mit nur einer Kulturpflanze, etwas, das als »grüne Wüste« bezeichnet werden kann. Wenn man in so eine Plantage geht, fällt auf, dass der Boden hart ist und die Luft gespenstisch still – kein Vogel ist zu hören. Monokulturen bedrohen die natürliche regionale Artenvielfalt, denn das vielfältige natürliche Leben findet hier nicht die ganze Bandbreite an Nahrung und Lebensräumen, die für ein gutes Gedeihen nötig wäre. Für gewöhnlich werden Monokulturen angelegt, um billiges Holz, billiges Kautschuk, billiges Palmöl zu produzieren. Diese Rohstoffe sind meist für den Export in energie- und materialhungrige Industriestaaten bestimmt. Die Erzeugerländer bleiben dabei auf den wahren Kosten sitzen: allgemeiner ökologischer Niedergang, Wasserverschmutzung etwa durch Pestizide, Bodenverarmung sowie ungerechte Arbeitsbedingungen für die Bevölkerung. Seit den 1980er Jahren hat die Ausbreitung von tropischen Baum-Monokulturen um das Fünffache zugenommen – auch in Hinblick auf die Erdüberhitzung ist das eine beängstigende Entwicklung. Denn während natürlich gewachsene, artenreiche Wälder riesige Mengen an Kohlendioxid zu speichern in der Lage sind, emittieren Baum-Monokulturen unterm Strich oft sogar mehr CO2 als sie aufnehmen, denn sie bringen den Boden durcheinander und werden sehr oft anstelle von alten, natürlich gewachsenen Wäldern angelegt. Selbstverständlich haben Monokulturen ihre Vorteile; so ist es oft eine gute Sache, wenn etwa Bauern eine eigene kleine Holzplantage betreiben, anstatt ihren Holzbedarf aus alten Wäldern zu decken. Größere Monokulturen sind in ihren Auswirkungen jedoch fast immer zerstörerisch. In Indonesien fällt die weitflächige Umwandlung der Primärwälder in Monokulturen besonders ins Auge; in den vergangenen drei Jahrzehnten wurde ein Viertel der indonesischen Wälder auf dem Altar des billigen Palmöls geopfert. In der Regel läuft das folgendermaßen ab: Multinationale Konzerne kommen ins Land und kaufen im großen Stil Land von Kleinbauern; sie fällen riesige Waldflächen, um Platz für den Palmöl-Anbau zu schaffen – der dann mit Hilfe von massenhaftem Pestizid- und Kunstdüngereinsatz betrieben wird. Wenn der Boden durch diese Praxis nach einigen Jahren vollständig ausgelaugt ist, ziehen die Firmen in andere Gebiete des Regenwalds weiter – kurz: Sie handeln so, als sei die Natur ein unendliches Vorratslager und eine willige Klärgrube.
All diesen offensichtlichen Fehlentwicklungen zum Trotz, definieren internationale Institutionen wie die Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen (FAO), die Weltbank und auch eine Reihe von Regierungsbehörden Monokultur-Plantagen noch immer als »Wälder« – was freilich nur als Lüge bezeichnet werden kann.
Bei auf Nachhaltigkeit angelegten Waldpflanzungen [hiervon handelt der zweite Teil des Films] wird hingegen darauf geachtet, eine möglichst große Bandbreite an autochthonen (einheimischen) Gehölzen zu pflanzen: Arten, die sich gegenseitig darin unterstützen, CO2 zu speichern, den Wasserkreislauf zu regulieren, dem Boden Nährstoffe zuzuführen und die Vielfalt an Flora und Fauna weiter anwachsen zu lassen …«